„Celler Scene“

Wissen, was los ist ...

BUCHBESPRECHUNGEN
im Jahr 2008



(Abb.: N. N.)


 Rezensionen von Martin Banger 


„Angst und Schrecken im Wahlkampf“
von Hunter S. Thomson

Hunter S. Thompson wurde 1937 in Louisville, Kentucky geboren. Er begann seine Laufbahn als Sportjournalist, bevor er Reporter für den „Rolling Stone“ und als Begründer des Gonzo-Journalismus zu einer Ikone der Hippiebewegung wurde. Zu seinen großen Büchern zählen neben „Fear and Loathing in Las Vegas“ die journalistischen Romane „Hells Angels“, „Königreich der Angst“ und „Rum Diary“.

Thompson nahm sich am 20. Februar 2005 in seinem Wohnort Woody Creek, Colorado, das Leben. 1972 hat Hunter S. Thompson die Tour des amerikanischen Präsidentschafts-Wahlkampfes begleitet und in diesem Buch schonungslos Bilanz gezogen. Er enthüllt die Intrigen hinter den Kulissen des Wahlkampfes und entlarvt dabei die Mechanismen des politischen Machtkampfes. Ein kritisches Statement, das noch immer Gültigkeit hat.

Hunter S. Thomson: Angst und Schrecken im Wahlkampf.
Heyne, 576 Seiten, 9,95 €.


„Baumhäuser – Träume aus Holz in luftiger Höhe“
von Alain Laurens, Daniel Dufour und Ghislain Andre

Dieses wunderschöne Buch stellt 50 Träume aus Holz vor, Baumhütten und Baumhäuser, die alle vom gleichen Architektenteam geschaffen wurden: der weltweit einzigartigen Manufaktur für Baumhäuser, „La Cabane Perchée“. Diese kleine Firma wurde im Jahr 2000 gegründet und arbeitet in Frankreich und in anderen Ländern Europas für alle, die sich einen Kindheitstraum in luftiger Höhe erfüllen wollen.

Alle im Buch vorgestellten Hütten und Häuser sind einzigartig. Sie wurden gebaut, ohne dass ein einziger Nagel in den Baum geschlagen oder ein einziger dicker Ast abgesägt wurde. Presse, Rundfunk und Fernsehen in aller Welt haben über „La Cabane Perchée“ und die hohe Präzision ihrer Arbeit berichtet. Es gibt Hütten mit Komfort, rustikale Hütten für Erwachsene oder Kinder, Bambushütten oder ganz einfach ein Bett in den Bäumen. Das Buch zeigt 300 bisher unveröffentlichte Abbildungen, die feinen Aquarelle von Daniel Dufour und die stimmungsvollen Fotos von Vincent Thfoin.

Alain Laurens / Daniel Dufour / Ghislain Andre: Baumhäuser –
Träume aus Holz in luftiger Höhe.
AT-Verlag, 216 Seiten, 209 Farbfotos, 80 Illustrationen, 35,00 €.


„Befremdliche Völker, seltsame Sitten“
von Evelyn Waugh

Expeditionen eines britschen Gentleman

Als der Verlegersohn Evelyn Waugh am im Oktober 1930 von London nach Addis Abeba aufbrach, wusste er nicht recht, was ihn erwarten würde. Durch eine Verkettung verschiedener Umstände war die Krönung eines unbekannten Stammesfürsten im afrikanischen Hinterland zum Politikum geworden. Alle bedeutenden Weltmächte reisten zum schäbigen Dorfspektakel in die unfertige Hauptstadt Äthiopiens – und bauschten das Ereignis reichlich auf. In Europa klangen die Berichte von der ungeheuerlichen Prachtentfaltung bei der Krönungszeremonie des Königs der Könige wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Waugh dagegen fühlte sich wie ein britischer Gentleman inmitten geschmackloser Barbarei und sah ganz andere Dinge als seine diplomatischen Kollegen – und auch bei seiner Heimreise über Aden, Sansibar, Kenia, Belgisch-Kongo und Südafrika zeigt sich Waugh als Mann totaler Illusionslosigkeit mit staubtrockenem Humor. Sein zeitloser Bericht gehört zu den Juwelen der Reise-Schriftstellerei.

Evelyn Waugh: Befremdliche Völker, seltsame Sitten.
Eichborn, 325 Seiten, 24,95 €.


„Chinesen spielen kein Mao-Mao“
von Xinran

Geschichten aus meinem Land

Warum waschen Chinesen sich täglich die Füße? Aus welchem Grund tragen Chinesinnen auch im Sommer immer Strümpfe? Und gibt es überhaupt etwas, das Chinesen nicht essen? China ist ein Land voller Gegensätze. Die bekannte Autorin Xinran, die seit langem in Europa lebt, öffnet uns mit ihren Geschichten aus ihrer Heimat die Augen für die Merkwürdigkeiten des chinesischen Alltags und erklärt auch, warum die Chinesen Mao noch immer lieben. Xinran, 1958 in Beijing geboren, arbeitete jahrelang als Radio-Journalistin. Ihre Sendung „Words on the Night Breeze“ war in ganz China bekannt und berühmt. 1997 verließ sie China und lebt seither mit ihrem Sohn und ihrem Ehemann in England.

Xinran: Chinesen spielen kein Mao-Mao.
Knaur, 256 Seiten, 7,95 €.


„Das Geschäft mit dem Tod“
von Michael Adams (Hrsg.)

Der Anfang vom Ende der Tabak-Industrie

1999 verklagten die USA die amerikanische Zigaretten-Industrie auf Grundlage eines Gesetzes gegen die organisierte Kriminalität. Hauptvorwurf: Die Angeklagten hätten ein Kartell gebildet, um die Verbraucher durch chemische Zusätze in Zigaretten süchtig zu machen. Der größte Prozess der US-Justizgeschichte endete vorläufig mit einer klaren Verurteilung der Unternehmen. Die im Prozess öffentlich gemachten, geheimen Dokumente der Industrie belegen, wie sich große Markenhersteller zusammenschlossen, um die Verbraucher über die Gefahren des Rauchens systematisch zu täuschen, wie sie das Suchtpotenzial und die Gesundheitsschädlichkeit der Zigaretten durch bis zu 600 chemische Beigaben erheblich steigerten und wie sie mit Werbemaßnahmen Kinder und Jugendliche zu Rauchern machten. Diese Dokumentation zeigt in Auszügen die wesentlichen Zeugenaussagen und zentralen Urteilspassagen. Einer der Zeugen ist Jeffrey Wigand, der Protagonist in dem Hollywood-Thriller „Der Insider“. Die aus vielen tausend Seiten Gerichtsakten ausgewählten Texte lesen sich so spannend wie ein Krimi und liefern zugleich ein niederschmetterndes Sittenbild vom Big Business unserer Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Michael Adams: Das Geschäft mit dem Tod.
Zweitausendeins, 556 Seiten, mit CD-ROM, 29,90 €.


„Denken hilft zwar, nützt aber nichts“
von Dan Ariely

Warum wir immer wieder unvernünftige Entscheidungen treffen

Wider besseres Wissen greifen wir bei Gratisangeboten gerne zu, auch wenn wir ahnen, dass sie uns meist teuer zu stehen kommen. Wir nehmen für freiwillige Hilfsdienste auch lieber kein Geld als wenig. Welche verborgenen Kräfte unsere Entscheidungen im Großen wie im Kleinen täglich lenken, erklärt der renommierte amerikanische Verhaltens-Ökonom Dan Ariely. Seine verblüffenden Experimente beweisen, dass unser Tun und Lassen höchst berechenbar ist – nämlich berechenbar unvernünftig! Wir verhalten uns in vielen Situationen so, wie wir glauben, dass man es von uns erwartet; wir fallen wissentlich auf Köder herein und lassen uns zu unvernünftigem Handeln verleiten, weil wir im Moment der Entscheidung nicht Herr unseres Verstandes sind. Warum wir dennoch daraus lernen können, wenn wir immer wieder die gleichen Fehler machen, das zeigt uns dieses Staunen machende Buch.

Dan Ariely: Denken hilft zwar, nützt aber nichts.
Droemer, 320 Seiten, 19,95 €.


„Der letzte Weynfeldt“
von Martin Suter

Adrian Weynfeldt, Mitte 50, Junggeselle, großbürgerlicher Herkunft, Kunst-Experte bei einem internationalen Auktionshaus, lebt in einer riesigen Wohnung im Stadtzentrum. Mit der Liebe hat er abgeschlossen. Bis ihn eines Abends eine jüngere Frau dazu bringt, sie entgegen seinen Gepflogenheiten mit nach Hause zu nehmen. Am nächsten Morgen steht sie außerhalb der Balkonbrüstung und droht zu springen. Adrian vermag sie davon abzuhalten, doch von nun an macht sie ihn für ihr Leben verantwortlich. Immer wieder nötigt sie ihn, sie aus ihren Schwierigkeiten zu befreien. Weynfeldt's geregeltes Leben gerät aus den Fugen – bis er schließlich merkt, dass nichts ist, wie es scheint.

Martin Suter: Der letzte Weynfeldt.
Diogenes, 320 Seiten, 19,90 €.


„Der Tote auf der Schaukel“
von Cynthia Harrod-Eagles

Die Leiche sitzt auf einer Schaukel, nur aufrecht gehalten vom eigenen Gewicht, das gegen die Ketten drückt. Der muskulöse Mann ist teuer gekleidet, doch seine Fingernägel sind abgekaut und am Mittelfinger trägt er einen goldenen Siegelring – dort, wo Schläger ihn tragen. Wie ist der Tote in den Park gekommen, der von den Bewohnern der Sozialwohnungssiedlung Woodlands als Abkürzung nach Shepherd's Bush benutzt wird? Der Parkwächter, der ihn am Morgen entdeckt hat, schwört Stein und Bein, dass er vor Einbruch der Dunkelheit die beiden hohen Tore verschlossen hat. Getrieben von der Presse, die bereits voll Häme die verbalen Messer wetzt, muss Detective Inspector Bill Slider beweisen, dass er den Mordfall schnell zu lösen versteht. Die Spur führt von den heruntergekommenen Pubs von Shepherd's Bush über die Bordelle von Notting Hill zu einem Tattoo-Studio in Hong Kong.

Cynthia Harrod-Eagles: Der Tote auf der Schaukel.
DTV, 416 Seiten, 8,95 €.


„Der Zug nach Pakistan“
von Khushwant Singh

Das Grauen begann im Jahr 1947: Die Engländer waren gerade abgezogen, Indien und Pakistan wurden geteilt und Menschen ihrer Religionszugehörigkeit entsprechend umgesiedelt – mit verheerenden Folgen. Es kam zu einer der größten Vertreibungen der Geschichte, zehn Millionen Menschen waren auf der Flucht. Familien wurden getrennt, Frauen vergewaltigt, Hunderttausende getötet. Von diesem Trauma Indiens erzählt Khushwant Singh in seinem Roman. Der Roman erschien erstmals 1956, heute ist er in Indien ein Klassiker. Khushwant Singh erzählt anhand von zahlreichen Einzelschicksalen in erschütternder Weise von der größten politischen, sozialen und menschlichen Katastrophe Indiens, vom abrupten Wandel einer friedlichen Welt in die Hölle des Krieges, der noch heute grausame Nachwirkungen zeigt: im Kaschmirkonflikt, in blutigen Ausschreitungen zwischen den Religionsgruppen, in der Zerstörung von Moscheen und Tempeln.

Khushwant Singh: Der Zug nach Pakistan.
Insel Verlag, 234 Seiten, 19,80 €.


„Die Hunde fliegen tief“
von Alek Popov

Eine schwarze Tasche voller Asche, das ist alles, was Ned und Ango, den ungleichen Brüdern aus Bulgarien, von ihrem Vater geblieben ist. 15 Jahre ist es her, dass er, ein Mathematiker zwischen Genie und Wahnsinn, als Gastprofessor in Amerika unter rätselhaften Umständen zu Tode gekommen ist. Jeder der beiden Söhne lebt inzwischen sein eigenes Leben, und der Vater ist längst nur mehr ein Gespenst. Bis sich die Wege der Brüder fern der Heimat in New York wieder kreuzen: Ned, der Tunichtgut, hat es bis in die Top-Etagen der Wall Street geschafft, während der smarte Ango im Central Park mit den Hunden reicher Snobs Gassi geht. Doch dann wendet sich das Blatt, und der Geist des Vaters ist plötzlich wieder lebendig. Mehr jedenfalls, als den beiden lieb ist ...

Alek Popov's neuer Roman, in Bulgarien wochenlang Top 1 auf den Bestseller-Listen, ist eine Satire auf die Goldgräber im Westen wie im Osten, auf die Glückssehnsucht der Erfolgreichen wie der Underdogs und auf die falschen Bilder, die wir voneinander haben, sobald uns eine Welt trennt.

Alek Popov: Die Hunde fliegen tief.
Residenz Verlag, 416 Seiten, 22,00 €.


„Die konzentrischen Tode“
von Jack London

In der „Bibliothek von Babel“ versammelt der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges 30 Bände fantastischer Literatur aus drei Jahrhunderten, allesamt Meisterwerke der Weltliteratur. Der 14. Band enthält wenig bekannte Erzählungen von Jack London. London's wahrer Name war John Griffith – er wurde 1876 als unehelicher Sohn eines umherziehenden Astrologen in San Francisco geboren. Seinen Lebensunterhalt musste er schon früh selbst verdienen und führte so ein abenteuerliches und bewegtes Leben als Fabrikarbeiter, Goldsucher, Landstreicher, Soldat, Perlenfischer und Kriegsberichterstatter. Jack London's Tiergeschichten und Abenteuerromane – zu seinen berühmtesten Werken gehören die Romane „Ruf der Wildnis“ und „Der Seewolf“ –, wurden in alle Sprachen übersetzt und brachten ihm schließlich ein Vermögen ein. Im Alter von 40 Jahren setzte Jack London seinem Leben selbst ein Ende. London's Erzählungen entführen in fremde und entlegene Regionen der Welt: Sie spielen auf einem Atoll in der Karibik, auf dem amerikanischen Kontinent oder in der Arktis. London scheint überall heimisch zu sein. Er findet zu den dort lebenden Ureinwohnern Zugang und schildert ihre Traditionen, ihre Religion oder den Umgang mit dem Tod auf packende Weise, ohne zu werten.

Jack London: Die konzentrischen Tode.
Edition Büchergilde, 136 Seiten, 17,90 €.


„Die Rückkehr“
von Galsan Tschinag

Nach vielen Jahren des Unterwegsseins kehrt Galsan Tschinag, Schamane, Bestseller-Autor und Stammesoberhaupt, zu seinem Volk, den Tuwa-Nomaden im Altai-Gebirge im Nordwesten der Mongolei, zurück, um dort seinen Lebensabend zu verbringen. Aber die Lage ist schwierig, seine beiden Schamanen-Schülerinnen wie auch das Volk sind uneins über den Weg in die Zukunft; traditionelles Nomadenleben und die Neuzeit stehen sich scheinbar unversöhnlich gegenüber. Um den Streit zu schlichten, wird eine Karawane zum Gelben See geschickt, wo ein Owoo, ein heiliger Steinhügel geweiht werden soll. In die Handlung verwoben sind Träume und Erinnerungen des Erzählers, die sein Leben Revue passieren lassen und bedeutsame Stationen festhalten: die Schulzeit in der stalinistischen Ära der 50er Jahre, das Studium in Leipzig in den 60ern, die erste Begegnung mit dem Dalai Lama 1981 und die Erfüllung seines Lebenstraums: die große Karawane, mit der sein Volk 1995 in den Hohen Altai zurückkehrt, um die ursprüngliche Lebensweise als Nomaden wieder aufzunehmen.

Galsan Tschinag: Die Rückkehr.
Insel Verlag, 254 Seiten, 19,80 €.


„Die schwarze Seele des Sommers“
von Andrea Camilleri

Es ist August, die sizilianische Sonne brennt, alle sind im Urlaub – bis auf Commissario Montalbano. Und nun soll er auch noch nach einer am Meer gelegenen Villa Ausschau halten, weil Freunde aus dem Norden dort ihren Urlaub verbringen wollen. Er wird fündig und alle sind zufrieden. Zumindest bis zu dem Tag, als der Sohn der Urlauber zunächst spurlos im Innern der Villa verschwindet. Trotz aller Versuche, bei der sommerlichen Gluthitze einen kühlen Kopf zu bewahren, hat Montalbano irgendwann das Gefühl, alles doppelt zu sehen: Nicht nur die Villa narrt ihn mit einem mysteriösen Innenleben, auch ein Jahre zurückliegender Mordfall wird zum unheimlichen Déjà-vu, als sich herausstellt, dass die Ermordete eine Doppelgängerin hat, die nun ein erbarmungsloses Spiel mit ihm zu treiben scheint ...

Andrea Camilleri: Die schwarze Seele des Sommers.
Lübbe, 286 Seiten, 19,95 €.


„Die Shakespeare-Morde“
von Jennifer Lee Carrell

Kate Stanley führt zum ersten Mal Regie, mit „Hamlet“ hat sie in London Premiere. Doch am Vorabend brennt das „Globe-Theatre“ ab und Shakespeare-Expertin Ros Howard wird ermordet aufgefunden. Kurz vor ihrem Tod hat Ros Kate eine mysteriöse Schachtel überreicht und von einer bedeutenden Entdeckung gesprochen – ohne jedoch preiszugeben, um was es sich handelt. Ahnte Ros bereits, dass ihr jemand nach dem Leben trachtet? In der Schachtel findet Kate den ersten Teil eines bedrohlichen Shakespeare-Puzzles, das sie von Harvard's ehrwürdiger Bibliothek bis in die Wüste Arizonas führt, gejagt von einem Unbekannten, der seine Opfer nach Vorlagen von Shakespeare tötet. Ein Thriller um die wahre Identität des Mannes, der sich William Shakespeare nannte.

Jennifer Lee Carrell: Die Shakespeare-Morde.
List, 464 Seiten, 19,90 €.


„Die Welt ist flach“
von Thomas L. Friedman

Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts

Der Welt-Bestseller als Taschenbuch, erweitert und aktualisiert: Thomas L. Friedmans kontrovers diskutierte Bestandsaufnahme der Gegenwart ist zugleich packende Reportage und prägnante Einführung in das, was die Welt von heute im Innersten antreibt. Globale Wertschöpfungsketten und Insourcing, RFID und Workflow: Friedman schildert die Hintergründe der Schlagworte, stellt uns Menschen vor, deren Visionen unsere Zukunft bestimmen. Er führt den Leser hinter die Kulissen der Wirtschaftswelt, ob in Bangalore, Indien, wo der asiatische Boom stattfindet, oder in Bentonville, Arkansas, wo das Herz von „Wal-Mart“ schlägt, dem größten Unternehmen der Erde. Friedman erzählt von Veränderungen, die gerade stattfinden und von denen, die auf uns zukommen.

Thomas L. Friedman: Die Welt ist flach.
Suhrkamp, 765 Seiten, 15,00 €.


„Die Wüstenapotheke“
von Daniel Oliver Bachmann

Die lebensfeindliche Wüste Kalahari im Südwesten Afrikas birgt eine wahre Schatzkammer an Heilpflanzen, die von den traditionellen Heilern der Buschmänner seit Generationen genutzt werden. Daniel Oliver Bachmann hat sich auf die Suche nach dieser geheimnisvollen Wüstenapotheke begeben. Eine magische Welt eröffnet sich ihm auf seiner über 8.000 Kilometer langen Reise durch die Wüstengebiete Namibias. Unterwegs begegnet er Menschen der verschiedenen Volksgruppen – der San, Ovambo, Nama und Herero. Kräuterkundige Medizinmänner wie der sagenumwobene Doktor Kuvare weihen ihn in ihr altes Wissen ein und veranschaulichen mit ihrer rituellen Heilkunst, dass sie Zugang zu einer Dimension der Wirklichkeit haben, die uns wohl immer verschlossen bleiben wird.

Daniel Oliver Bachmann: Die Wüstenapotheke.
Droemer, 248 Seiten, 18,00 €.


„Edmund und Rosemary in der Hölle“
von Bruce Eric Kaplan

An einem Sonntagnachmittag macht ein ganz normales Ehepaar einen Spaziergang durch sein Viertel in Brooklyn. Ehe Edmund und Rosemary sich versehen, befinden sie sich samt ihrer Katze Delia in einem nervenaufreibenden, einzigartigen Abenteuer, das mit einem Handy beginnt und am Ende der Welt aufhört. Eine boshaft-komische und eigenartig berührende Bildergeschichte für Erwachsene. Der berühmte Cartoonist des „New Yorker“ führt uns vor, wie wir es vermeiden, die Wahrheit zu erkennen. Ein Buch für alle, die sich selbst schon einmal im Weg gestanden haben.

Bruce Eric Kaplan: Edmund und Rosemary in der Hölle.
Dörlemann, 128 Seiten, 16,90 €.


„Ein Kürbis für Mma. Ramotswe“
von Alexander McCall-Smith

Mma. Ramotswe, die sympathische botswanische Privatdetektivin von „traditioneller Statur“, ist endlich mit Mr. J. B. Matekoni verheiratet. Ihre Agentur ist ausgebucht, und das Leben könnte kaum schöner sein, wären da nicht der gestörte Arbeitsfrieden in der Werkstatt ihres Mannes und ein völlig überflüssiges Missgeschick ... Ein Kürbis für Mma. Ramotswe ist der sechste Band der weltweit erfolgreichen Serie – ein sanfter und kluger Roman voll von Lebensweisheiten und afrikanischem Flair, kurzweilig und humorvoll.

Alexander McCall-Smith: Ein Kürbis für Mma. Ramotswe.
Lübbe, 299 Seiten, 7,95 €.


„Gelber Wind oder Der Aufstand der Boxer“
von Gerhard Seyfried

Peking im Jahr 1900: Baron von Ketteler, der deutsche Botschafter in Peking, wird von einem Mitglied des fremdenfeindlichen Geheimbunds der chinesischen „Boxer“ erschossen – der Startschuss zum „Boxer-Aufstand“. Missionare, chinesische Christen und „fremde Teufel“ werden landauf, landab massakriert. Tausende chinesische Aufständische wollen das Gesandtschaftsviertel in Peking stürmen, in dem die schlecht bewaffneten Diplomaten und ihre Familien, Diener und Gäste sich in ihrer Verzweiflung verschanzt haben. Unter den Belagerten befindet sich auch die gerade frisch in China eingetroffene Familie des deutschen Kaufmanns Lenk, dessen Handelsimperium in der deutschen Kolonie Tientsin gerade zu florieren begann. Einundfünfzig Tage müssen die Belagerten unter immer dramatischeren Umständen ausharren und um ihr Leben fürchten ... Gerhard Seyfried, Cartoonist, Comic-Zeichner und Erfolgsautor, recherchierte mehrere Jahre und durchforstete Hunderte von Quellen und verschiedenste Archive.

Gerhard Seyfried: Gelber Wind oder Der Aufstand der Boxer.
Eichborn, 656 Seiten, 29,95 €.


„Hundert Jahre? Kein Problem!“
von Seo Yoon-Nam

Gesund, glücklich und beweglich bleiben – wer will das nicht? Meister Seo zeigt, wie es gelingt. Sein dynamisches Drei-Schritte-Programm spricht den Körper ebenso an wie den Geist: Mit einfachen Übungen gewinnt man äußere Kraft, steigert die geistige Beweglichkeit und stabilisiert sein Wohlbefinden. Ein unterhaltsames Gesundheitsprogramm und Mitmachbuch, mit Humor und Fantasie und vielseitigen Tipps, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen. Seo Yoon-Nam kam 1967 nach seinem Jura-Studium in Korea nach Deutschland, um als einer der ersten Lehrer Taekwondo zu unterrichten. Er ist Träger des 9. Dan und Leiter des Münchner Tae-Kwon-Do-Centers.

Seo Yoon-Nam: Hundert Jahre? Kein Problem!
Knaur, 176 Seiten, 17,95 €.


„Impossible – Wenn Unglaubliches passiert“
von Stanislav Grof

Das Abenteuer außergewöhnlicher Bewusstseinserfahrungen

Dr. med. Dr. phil. Stanislav Grof ist Psychiater mit mehr als 50-jähriger Erfahrung auf dem Forschungsgebiet außergewöhnlicher Bewusstseinszustände und gilt international als der maßgebliche Experte für transpersonale Psychologie. Sein Interesse an ungewöhnlichen Bewusstseinserfahrungen wurde geweckt, als er innerhalb seiner medizinischen Ausbildung an einem psychiatrischen Experiment mit LSD teilnahm. Inspiriert durch seine Erlebnisse, begann er die Wirkung psychedelischer Substanzen in der Therapie zu erforschen. Später entwickelte er bewusstseinsverändernde Atemtechniken und arbeitete mit Menschen, die ungewöhnliche Wahrnehmung spontan erlebten. Ob außerkörperliche Erfahrungen oder Erinnerungen an frühere Leben: die Lektüre dieses spannendes Buches stößt immer wieder die Frage an, wie der Geist eigentlich beschaffen ist.

Stanislav Grof: Impossible – Wenn Unglaubliches passiert.
Kösel, 416 Seiten, 21,95 €.


„Kardamom und Honig“
von Roopa Farooki

Henna träumt von einer großen Karriere als Film-Star in „Bollywood“. Nur aus diesem Grund willigt sie in die Verlobung mit dem wohlhabenden Ricky-Rashid Karim aus Kalkutta ein. Der junge Mann ist entsetzt, als er in der Hochzeitsnacht begreift, dass er statt einer klugen Schönheit die ungebildete, faule Tochter eines einfachen Ladenbesitzers zur Frau genommen hat. Sich von ihr zu trennen, das wagt er nicht. Doch die Ereignisse überschlagen sich, als er meint, sein wahres Glück in England gefunden zu haben.

Roopa Farooki: Kardamom und Honig.
BLT, 380 Seiten, 7,95 €.


„Kill your Friends“
von John Niven

England in den späten 90er Jahren. Steven Stelfox ist als Manager für eine große Plattenfirma tätig. Um Erfolg zu haben, schreckt Steven vor nichts zurück. Er lügt, betrügt und schleppt sich unterstützt von jeder Menge Drogen durch den Tag. Für ihn zählt nur der schnelle Hit, Musik an sich interessiert ihn nicht. Jahrelang mogelte er sich so durch den Arbeitsalltag, doch jetzt ändern sich die Zeiten. Im Zeitalter von Blair droht sich eine neue Moral durchzusetzen, die auf harter Arbeit beruht. Zunächst belächelt Steven die neue Order, doch als er seine Stellung gefährdet sieht und zunehmend unter Erfolgsdruck gerät, greift er zu radikalen Mitteln. Als er einen Konkurrenten erschlägt, beginnt für ihn eine Orgie der Zerstörung, die ihn in immer tiefere Abgründe stürzt. Im Visier der Polizei versucht Steven alles, um sich an der Spitze zu halten – notfalls mit Gewalt.

John Niven: Kill your Friends.
Heyne, 352 Seiten, 12,00 €.


„Lasset die Kinder zu mir kommen“
von Donna Leon

Commissario Brunetti's 16. Fall

Am Abend war Dottor Gustavo Pedrolli noch überglücklich: Sein kleiner Adoptivsohn Alfredo hat ihn zum ersten Mal „Papà“ genannt. Nur wenige Stunden später brechen bewaffnete Männer in die Wohnung ein und bringen das Baby in ihre Gewalt. Nicht um Entführer handelt es sich, sondern um eine Sturm-Abteilung der Carabinieri. Als Commissario Brunetti mitten in der Nacht ins Ospedale Civile gerufen wird, um den Kinderarzt zu vernehmen, den ein Carabiniere krankenhausreif geprügelt hat, stößt er mit seinen Fragen ins Leere. Dottor Pedrolli hat durch den Schock seine Sprache eingebüßt. In „Lasset die Kinder zu mir kommen“ wird der Familienmensch Brunetti vor eine harte Zerreißprobe gestellt.

Donna Leon: Lasset die Kinder zu mir kommen.
Diogenes, 368 Seiten, 21,90 €.


„Sich selbst auf die Schliche kommen“
von Åsa Nilsonne

Kleine Alltags-Psychologie

Dr. Åsa Nilsonne ist Professorin für Psychiatrie am berühmten Karolinska Institut in Stockholm. Seit 1991 schreibt sie Kriminalromane, für die sie vielfach ausgezeichnet wurde. In diesem psychologischen Ratgeber für den Alltag zeigt sie, wie wir unseren eigenen unbewussten Motivationen auf die Spur kommen können. Durch Aufmerksamkeit und bewusstes Vorgehen ist es möglich, die eigenen Gedanken und Taten gezielt zu steuern. Damit wird es möglich, das Drehbuch unseres Lebens umschreiben, wenn wir nicht damit zufrieden sind. Åsa Nilsonne zeigt einfache Techniken auf, wie wir mit Gedanken und Gefühlen umgehen können, ohne uns diesen auszuliefern, wie wir Beziehungen pflegen und uns unserer eigenen Rolle in Partnerschaften bewusst werden können.

Åsa Nilsonne: Sich selbst auf die Schliche kommen.
Kösel, 173 Seiten, 14,95 €.


„Tote essen keinen Döner“
von Osman Engin

Don Osman's erster Fall

Die Engins ziehen in die sehr günstige Wohnung eines Kollegen, der diese verlässt, weil er seinen Nachbarn, einen faschistischen Skinhead, nicht länger ertragen kann. Doch schon am Umzugstag erleben die Engins eine böse Überraschung: besagter Nachbar liegt ermordet im Keller. Osman hat sofort seinen linksradikalen Sohn Mehmet im Verdacht, doch der hat ein Alibi. Während ein Trupp Schwarzarbeiter seine Wohnung auseinandernimmt und unerträglichen Lärm veranstaltet ist Mördersuche auf Osman'sche Art angesagt ... Osman Engin, 1960 in der Türkei geboren, lebt seit 1973 in Deutschland. Als freier Schriftsteller schreibt er unter anderem für „Titanic“ und die „TAZ“.

Osman Engin: Tote essen keinen Döner.
DTV, 238 Seiten, 8,95 €.


„Unsere 60er Jahre“
von Rudolf Großkopff

Im Herbst 2007 startete die „ARD“ die sechsteilige TV-Dokumentation über die 60er Jahre. Dieses Begleitbuch zur Serie erzählt nicht nur die typischen Lebensgeschichten der Zeitzeugen aus Ost und West, sondern zeigt über den Film hinaus, wie die ‚große‘ Geschichte die Alltags- und Familiengeschichte von Menschen bestimmt hat. „Spiegel“-Affäre und „Contergan“-Skandal, Bildungsnotstand und Studentenbewegung, Beat-Musik und deutscher Schlager, 11. Plenum des ZK, Prager Frühling und Vietnamkrieg: Die 60er Jahre waren eine Zeit großer gesellschaftlicher und politischer Ereignisse und Veränderungen. Die Mauer zementierte die deutsche Teilung, besiegelte Schicksale und verursachte Familientragödien. Rudolf Großkopff verknüpft persönliche Erlebnisse von Zeitzeugen mit Hintergrundwissen zur politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Geschichte der 60er Jahre.

Rudolf Großkopff: Unsere 60er Jahre.
Eichborn, 304 Seiten, 19,95 €.


„Visus“
von Richard Hayer

Ein internationales Forscher-Team birgt ein rätselhaftes, spiegelähnliches Objekt aus dem Wrack eines Schiffes, das seit Jahrhunderten auf dem Grund des Schwarzen Meeres liegt. Und holt sich damit die Pest an Bord, denn der Spiegel trägt die Erbinformation von Milliarden verschiedenartiger Lebewesen. Als der Spiegel bei einem Überfall auf das Forschungsschiff gestohlen wird, bedroht der Schwarze Tod des Mittelalters die ganze Welt. Rettung kann nur ein zweiter Spiegel bringen, der einer Legende nach seit Jahrhunderten in einem Kloster in Armenien existieren soll. Die junge armenische Biologin Anahit macht sich auf in ihre Heimat ...

Richard Hayer: Visus.
Ullstein, 572 Seiten 8,95 €.


„Wolfsspur“
von Kit Whitfied

Der Mystery-Thriller „Wolfsspur“ spielt in einer Welt, die der unseren vollkommen gleicht – mit der Ausnahme, dass sich die große Mehrheit der Bevölkerung bei Vollmond zu Werwölfen verwandelt. Dann gelten völlig andere Gesetze. In diesen Nächten wird es gefährlich für Lola Galley – wie alle verbliebenen echten Menschen ist sie über die Regulationsbehörde für Werwolf-Aktivitäten verpflichtet, in Vollmondnächten auf der Straße für für Ruhe zu sorgen. Als einer ihrer Kollegen eines Nachts tot aufgefunden wird, ist sie entschlossen, den Mord um jeden Preis aufzuklären. Doch im Laufe ihrer Ermittlungen sieht sie sich mit einem tödlichen Geheimnis konfrontiert: die Ursache für die Verwandlungen liegt tief in der Geschichte ihrer Zivilisation verborgen ...

Kit Whitfied: Wolfsspur.
Heyne, 640 Seiten, 13,00 €.


„Zahl, Zeit, Zufall – alles Erfindung?“
von Rudolf Taschner

Oft scheint der blinde Zufall unser Schicksal zu leiten – aber was ist Zufall? Wir glauben uns dem Diktat der Zeit unterworfen – aber was ist Zeit? Nur was man mit Zahlen belegen kann, zählt – aber woher kommen die Zahlen? Rudolf Taschner nähert sich solch tiefgründigen Fragen verständlich und unterhaltsam zugleich. Unterstützt von anschaulichen Bildern, Geschichten und Anekdoten verführt er uns zu mathematischen Seitensprüngen, aber auch zur Einsicht: Immer, wenn man Zeit oder Zufall zu fassen vermeint, verflüchtigen sich beide ins unendliche Reich der Zahlen. Zahl, Zeit und Zufall sind untrennbar ineinander verwoben, und das Geflecht, das sie zusammenhält, ist nicht irgendwo draußen im Universum, sondern in uns selbst, in unserem Denken und in unserem Bewusstsein. Prof. Dr. Rudolf Taschner studierte Mathematik und Physik. 2004 wurde er vom Klub der Bildungs- und Wissenschafts-Journalisten zum Wissenschafter des Jahres gewählt.

Rudolf Taschner: Zahl, Zeit, Zufall – Alles Erfindung?
Ecowin, 187 Seiten, 22,00 €.


„Zehn zärtliche Kratzbürsten“
von Arto Paasilinna

Geschäftsführer Rauno Rämekorpi feiert seinen 60. Geburtstag. Gratulanten gibt es viele, und so häufen sich Blumensträuße und Geschenke. Schade nur, dass seine Frau gegen Blumen allergisch ist. Die Blütenpracht muss also weg, jedoch keinesfalls auf den Müll! So beginnt Rauno eine Fahrt durch Helsinki, und mit einem Strauß in der Hand stattet er seinen verflossenen Liebschaften einen Besuch ab. Arto Paasilinna zählt zu den populärsten Schriftsteller Finnlands. Er wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Inzwischen hat er viele Romane mit großem Erfolg veröffentlicht, von denen einige verfilmt und in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Auch bei uns erwarten die Fans jedes Jahr ungeduldig eine neue skurrile Geschichte vom finnischen Kultautor.

Arto Paasilinna: Zehn zärtliche Kratzbürsten.
BLT, 270 Seiten, 7,95 €.


 Rezensionen Frank R. Bulla 


„Jesses Maria – Kulturschock“
von Carla Berling

Carla Berling ist Autorin von derzeit elf Büchern, darunter Romane und Kurzgeschichten. Protagonistin der Kurzgeschichten in vorliegendem Taschenbuch ist Jesses Maria.

Im Klappentext heißt es: „Jesses Maria ist nicht neugierig. Sie will nur alles wissen. Sie ist eine Frau wie du und ich: ganz normal, mit ganz normalen Ansichten. Sie hat vorm Friseur mehr Angst als vorm Frauenarzt und findet schwule Männer trotzdem nett. Sie geht gern ins Theater, zu Vernissagen, Lesungen, Begräbnissen und anderen kulturellen Ereignissen. Maria ist geschieden und erinnert sich noch genau an ihr erstes und an ihr letztes Mal. Über Manni, ihren Ex, könnte sie Geschichten erzählen Tut sie auch. Ob beim Frauenarzt, beim Klassentreffen oder bei einer Weinprobe – die Gedanken von Jesses Maria sind innere Monologe, die wir alle kennen. Wir würden nur nie zugeben, sie je geführt zu haben. Wetten?“

Die Locations jedenfalls, wo die Protagonistin regelmäßig aufschlägt, sind zwar einigermaßen gewöhnliche Stätten, an denen in irgendeiner Form Kultur stattfindet, aber der Autorin gelingt es durch reichlich Sprachwitz, diese Stätten zu etwas ganz Besonderem zu machen, indem sie sozusagen aus der allerletzten Ritze, in der vielleicht von der Putzfrau etwas Unappetitliches vergessen worden ist, noch etwas herauszuholen, was den Leser in Erstaunen versetzt, vielleicht sogar schockt, letztlich aber zu fesseln vermag. Dabei ist die Sprache einfach, ohne irgendwelche Schnörkel. Und wenn man sich dann noch das Foto der Autorin vor Augen hält, das im Internet auf einigen Websites zu finden ist, kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass diese hübsche, ein wenig damenhaft wirkende Frau nicht nur in den Abgründen menschlichen Tuns und Denkens wühlt, sondern es ihr auch noch gelingt – und das weder schamvoll noch krampfhaft! –, das Ganze in Worte zu fassen.

Am Ende bleibt ein Büchlein, das randvoll ist mit kleinen Geschichten, an die man sich aufgrund ihrer Besonderheit bei passender Gelegenheit immer wieder erinnert, ja, geradezu erinnern muss. Das Ungewöhnliche darin sind in der Tat jene Momente, die wir selbst vielleicht auch schon am eigenen Leibe erlebt haben, die wir aber vermutlich so nie zugeben würden.

Carla Berling: Jesses Maria – Kulturschock.
BoD, 111 Seiten, 9,90 €.

Geändert:  10 / 2020